Seit einigen Jahren arbeitet die Fotografin Sona Andreasyan mit der Gummidrucktechnik: das ist die Kombination von Gummiarabikum, Bichromat und Farbe auf Papieroberfläche und gilt als eine der ältesten Drucktechniken, welche im 19. Jahrhundert entwickelt wurde. Diese einzigartige Druckmethode hat die Künstlerin in den letzten Jahren verwendet und weiterentwickelt. Jedoch es wurde ihr in Deutschland nicht gestattet diese Drucktechnik anzuwenden, denn das Bichromat ist als sehr giftig eingestuft. In Hierzulande ist die Benutzung von Bichromat sehr stark eingeschränkt, weswegen die Künstlerin keine Möglichkeit hatte mit ihrer eigenen Kunstmethoden zu arbeiten.
Diese schwierige Situation hat viele Fragen mit sich gebracht: Was kann sie machen? Wie kann sie es machen? In diesem Prozess kamen ihr anstatt Antworten weitere und vor allem existentiellere Fragen: sind Künstler generell frei oder sind sie ein Teil von einem übergeordneten System, welches mit Gesetzen umrahmt ist. Es scheint, dass die Kunst in oder zwischen Freiheit und Gesetz flankiert ist. Die Kunst spricht soweit, wie es das Gesetz erlaubt.
Das Wort „Gesetz“ kann man nicht nur direkt, sondern auch symbolisch-semantisch verstehen: alle externen Bedingungen wirken auf die Denkweisen, Vorstellungen, Themen und Arbeitsmethoden des Künstlers: man entscheidet oder schafft hauptsächlich nicht das, was man entscheidet, sondern das, was man denkt, dass man entscheidet. Tatsächlich sind künstlerische Entscheidungen und kreative Schaffungen, folgt man Andreasyan, nichts anders, als ein Spiegel des Systems, zu denen sie gehören.
Das Konzept der Künstlerin sah vor, die Beziehungen zwischen Menschen, Architektur und Strukturen, Denkweisen, sowie Natur und Umgebung, die sich allesamt gemeinsam als visuelle Formen ausdrücken mit der Gummidrucktechnik zu visualisieren. Das Ziel des Konzeptes war es, diese daraus resultierenden visuellen Formen zu untersuchen.
Aber die Realität hat alle Pläne geändert, denn es kam die Pandemie.
Faktisch, eine neue Wirklichkeit mit neuen Ausdrucksformen, die eher ein Experiment mit Farben, Lebensmittelzutaten, Wasser, Alkohol, Soda und mit den Fotonegative darstellten. Das mit der Zeit spielerisch Begonnene, wurde ein neues Bild mit neuen Farben, dass ebenso neue Strukturen mit sich brachte. Sie wollten etwas ausdrücken, aber diese neue Sprache war ihr fremd.
Trotz dieser unerwarteten Situation hat sie an ihren Werken weitergearbeitet. Jeder Tag war neu, jede Erfahrung war einmalig. Es war unklar, ob das Ergebnis gut war oder nicht. Es war eine Zeit von Isolation, Enttäuschung, Kraft, Kampf und einem neuen Anfang.
Tatsächlich ist das Projekt „in-zwischen“ ein Beispiel davon geworden, welche Einflüsse die Bedingungen, wie z.B. die Pandemie, das Gesetz oder andere Situationen und Zustände auf die Kunstschöpfung haben können. Inzwischen ist die Künstlerin selber ihr Projekt geworden.